Kinder aus Familien mit einem erkrankten Elternteil tragen ein drei- bis vierfach erhöhtes Risiko, selbst auch zu erkranken. Aufgrund der vielfältigen Folgen einer elterlichen Erkrankung sind sowohl Kinder als auch Eltern auf fachlich qualifizierte Beratung, Behandlung und multiprofessionelle Hilfen und in besonderer Weise auf ein Zusammenwirken der Hilfesysteme angewiesen. Der GKV Spitzenverband hat diese höchstvulnerable Gruppe folgerichtig als vordringliches Präventionsziel definiert (Kölch et al., 2021). Hochschwellige Zugänge wie lange Wartezeiten tragen dazu bei, dass Betroffene vorhandene Unterstützungsmöglichkeiten nicht oder zu spät in Anspruch nehmen oder keine für sie passenden Angebote finden.
Durch den weitgehenden Ausfall der ansonsten typisch hilfesuchenden Eltern sind vorhandene Hürden sämtlicher, oft zu wenig vernetzter, Hilfesysteme wie der Kinder- und Jugendmedizin (SGB V), der Kinder- und Familienhilfen (SGB VIII) schwer überwindbar.
Die Zugänglichkeit von Versorgungsstrukturen setzt das Entwickeln und Verstetigen kommunaler und strukturierter Zusammenarbeit aller Hilfen voraus. Die Netzwerkarbeit soll nicht nur ein Schnittstellenmanagement zwischen den Institutionen und Angeboten bewirken, sondern bedeutet permanente Grenzarbeit nach innen und nach außen. Für diese Tätigkeit besteht in der Kommune bisher keine (z. B. dem Kinderschutz vergleichbare) über divergierende Interessen hinaus vermittelnde und koordinierende Institution. Der große Bedarf wird durch interdisziplinäre Maßnahmen von Bildungseinrichtungen, Jugendhilfe, Suchthilfe, Gemeindepsychiatrie unter Einbeziehung des Gesundheitswesens befriedigt. Die Etablierung einer qualitätsgestützten Weiterbildungsinitiative „Komplexe Hilfebedarfe in Familien mit (einem) psychisch erkrankten Elternteil(en)“ von und für Erzieher*innen, Lehrer*innen, Schulsozialarbeiter*innen, Sozialarbeiter*innen, Ärzt*innen, Kinderärzt*innen, Psychotherapeut*innen und Psycholog*innen wird dem Ziel dienen. Zusätzlich sind gemeinsame Öffentlichkeitsarbeiten in- und außerhalb relevanter Settings zwecks Sensibilisierung, Entstigmatisierung und Bewusstseinsbildung verstärken die Wirkung zusätzlich und können einer Selbststigmatisierung entgegenwirken. Vorhandene, zu bündelnde Daten und Angebote werden transparent veranschaulicht. Die Intervention besteht wegen der Beteiligung vieler Akteur*innen sowie verschiedener Felder aus folgenden Modulen:
Öffentlichkeitsarbeit in Kommune (Settings: Kita, Schulen, Betriebe, Verwaltung)
Weiterbildungscurricula für Tagesmütter, Erzieher*innen, Lehrer*innen, Sozialarbeiter*innen und MFAs von Allgemeinarzt- und Kinderarztpraxen
Erste Hilfe Kurse für psychische Gesundheit (MHFA)
Taskforce mit allen relevanten Akteuren
Dashboard zur kommunalen Datenerhebung über psychische Gesundheit
Unterstützen konkreter multifamilientherapeutischer Angebote
Projektkoordination

Linda Dervishaj
Junior Scientific Officer
linda.dervishaj@d-i-g.de

Dr. Johann Böhmann
Senior Scientific Officer
johann.boehmann@d-i-g.de