- 21.04.2023
- Weser Kurier
- Laura Cecere
- Tammo Ernst
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Das Delmenhorster Institut für Gesundheitsförderung (DIG) setzt sich dafür ein, die psychische Gesundheit zu verbessern. Es geht darum, Menschen mit psychischen Problemen Hilfen anzubieten. Genutzt wird dafür ein EU-Projekt unter dem Namen „Ja-Imple-Mental“. Man richtet sich mit seinen Angeboten an Kinder psychisch und/oder suchtkranker Eltern. „Uns ist es wichtig, Institutionen zu fördern, die bereits existieren“, sagt Johann Böhmann, ehemaliger Chefarzt der Kinderklinik und Leiter des DIG. So auch die Projekte der Kinder- und Jugendhilfe „Plan A“.
Patenschaften für Kinder
„In Delmenhorst und im Landkreis Oldenburg gibt es ein sogenanntes Patenschaftsmodell“, erklärt Kristina Taeger, Koordinatorin des Vereis Kinder- und Jugendhilfe Plan-A. „Für das Projekt werden Ehrenamtliche gesucht, die dazu bereit sind, eine Patenschaft für ein Kind zu übernehmen, dessen Elternteil psychisch erkrankt ist.“ Der Gedanke sei, dass sich diese Paten mit dem jeweiligen Kind ein Mal in der Woche treffen und „etwas Schönes zusammen unternehmen“. Es solle auch die Möglichkeit bestehen, dass das Kind alle zwei Monate bei den Paten übernachtet. „Wir haben häufig psychisch kranke Mütter, die alleinerziehend sind und nicht unbedingt Ressourcen haben, wenn beispielsweise ein Klinikaufenthalt fällig wird.“ Hintergedanke dieses Projektes sei es, die Resilienz der Kinder zu stärken und eine Entlastung für die Eltern zu schaffen. „Es ist häufig der Fall, dass die Kinder von psychisch kranken Eltern in die Erwachsenenrolle übergehen und sich viel um ihre Eltern kümmern.“ Durch das Patenschaftsmodell werde ihnen die Möglichkeit gegeben, wenigstens ein Mal in der Woche Kind sein zu dürfen. Die Voraussetzung dafür sei, dass die Paten die Bereitschaft haben, für mindestens zwei Jahre eine Patenschaft zu übernehmen.
„Ich finde, dass das von den Eltern eine ganz große Leistung ist, an einem solchen Projekt teilzunehmen“, sagt Taeger. „Sich selbst einzugestehen, dass man seinem Kind bestimmte Sachen nicht bieten kann und dann zulässt, dass eine andere erwachsenen Person eine Beziehung zu dem Kind aufbaut, ist ein großer Schritt.“ Deshalb finde auch die Vermittlung mit Bedacht statt. Das erste Treffen werde zunächst nur mit den Eltern und den Paten veranstaltet. „Erst wenn beide Parteien sich eine Patenschaft vorstellen können, wird ein Treffen mit dem Kind im Haus der Paten vereinbart.“ Dies diene dazu, dass die Eltern genau sehen können, wo sich das eigene Kind dann befindet. Der weitere Kontaktaufbau finde dann an das Tempo des Kindes angepasst statt. „Wir möchten mit diesem Projekt vermeiden, dass die Kinder selber psychisch erkranken.“
Workshops für Betroffene
Taeger weist auf ein weiteres Projekt hin: Unter dem Titel Kidstime organisiert der Verein ein multifamilientherapeutisch ausgerichtetes Workshopangebot, welches sich an die gesamte Familie richtet. Der Gedanke sei, dass Familien dort jeden dritten Freitag im Monat hinkommen können und sich in einem geschützten Rahmen über psychische Erkrankungen austauschen können. Es gebe eine Elterngruppe, die von einem Therapeuten und einem Pädagogen begleitet wird, und eine Kindergruppe, die von einer Theaterpädagogin begleitet wird. „Die Eltern haben dann die Möglichkeit, über Themen zu sprechen, die sie gerade bewegen.“ Währenddessen werde mit den Kindern ein kleiner Film gedreht. „Im Anschluss versammeln sich dann alle, essen Pizza und schauen sich gemeinsam den Film an.“ Der Gedanke dahinter sei, dass die Kinder aufgeklärt werden und verstehen lernen, was eine psychische Erkrankung bedeutet. Gleichzeitig soll ihnen ein Gefühl der Gemeinschaft vermittelt werden. „Wir erklären den Kindern, dass im Fall einer psychischen Erkrankung die Seele Schnupfen hat und es eine ganz normale Krankheit ist, die behandelt werden kann.“
Angebote transparent halten
„Entlastung ist für hochbelastete Menschen mit das Wichtigste“, erklärt Linda Dervishaj, wissenschaftliche Mitarbeiterin des DIG. „Jede Entlastung, die man bieten kann, kann die Situation erleichtern.“ Mit dem EU-Projekt des DIG sollen solche Angebote, die für Erleichterung sorgen, mehr hervorgehoben werden. Frühe Hilfen seien extrem wichtig, ergänzt Johann Böhmann. Es müsse nicht gleich eine Therapie sein. „In Deutschland gibt es ein großes Problem: Es gibt zwar sehr viele Angebote, aber die sind nicht wirklich bekannt.“ Deshalb sei es wichtig, solche Angebote transparent zu halten.